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1907 – 1937

Alois Schnellinger

»Ein kurzes, bewegtes und wenig glückliches Leben hatte der Alois Schnellinger.«

Alois Schnellinger wurde 1907 in Himmlingsweiler bei Fachsenfeld im Ostalbkreis geboren, in eine katholische Familie hinein, welche in prekären Verhältnissen lebte, wie man heute sagen würde. Im Rahmen einer privaten Stammbaumforschung fiel bei der Durchsicht eines Familienregisters bei seinem Eintrag auf: a) geboren in Himmlingsweiler [...]

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1914 – 1942

Franciszek Gacek

Franciszek Gacek – ein junger polnischer Zwangsarbeiter aus Zaskale, hingerichtet wegen »unerlaubten Geschlechtsumgangs«.

Franciszek Gacek wurde 1915 als fünftes Kind einer Bauernfamilie im südpolnischen Zaskale unweit von Zakopane geboren. Die Lebensbedingungen waren hart. Sein ältester Bruder war schon vor seiner Geburt nach Argentinien ausgewandert. Wie seine Geschwister musste Franciszek von klein auf in der elterlichen Landwirtschaft und beim [...]

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1878 – 1942

Josef Bukofzer

»Als ein jüdischer Verfolgter war er Opfer der genuin nationalsozialistischen Rechtsprechung geworden.«

Josef Bukofzer starb am 2. Februar 1942 auf dem Hohenasperg, einer Zweigstelle des Zuchthauses Ludwigsburg, an Lungentuberkulose. Laut Leichenbuch wurde er in einem »Sammeltransport« zusammen mit Michael Ziach, der in Welzheim erhängt worden war, am 4. Februar in die Tübinger Anatomie gebracht. Ende 1943 wurde [...]

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1913 – 1940

Georg Nestor

»Allgemeinzustand ist durch das Gewicht angezeigt.« Georg Nestor (5.5.1913-27.4.1940)

In der vom Stadtarchiv Tübingen 2019 publizierten Liste aller im Gräberfeld X bestatteten Toten findet sich auch ein Eintrag unter dem Namen Nestor, der allzu oft das Wort »unbekannt« enthält. Vorname? Unbekannt. Alter und Geburtsdatum? Unbekannt. Geburtsort? Unbekannt. Todesursache? Unbekannt. Bekannt war immerhin das ungefähre [...]

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1895 – 1935

Karoline Theobald, geb. Blatter

Karoline Theobald starb während ihrer einjährigen Jahr Haft in der Strafanstalt Gotteszell, nachdem sie wegen Geldbeschaffung unter »Vorspiegelung falscher Tatsachen« in 29 Fällen verurteilt wurde.

Probleme der historischen Rekonstruktion Wie auch bei vielen anderen, die im Gräberfeld X bestattet sind, liegen zu Karoline Theobald nur spärliche Informationen vor. Wichtige Einblicke liefert ausgerechnet ein Lebensbericht, den sie anlässlich der Einweisung in ein staatliches Gefängnis 1935 anfertigen musste. Dieses Dokument bringt jedoch [...]

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Das Projekt »Gräberfeld X«

Welche Rolle hatte die Tübinger Anatomie im NS-System? Wer waren die Menschen, die zwischen 1933 und 1945 nach ihrem Tod in das Institut der Universität für Forschung und Lehre verbracht wurden? Wie lässt sich das Gräberfeld X, auf dem sie auf dem Stadtfriedhof anonym bestattet wurden, in der städtischen Erinnerungsarbeit angemessen und produktiv verankern? Diese Fragen begleiten das gemeinsame Forschungsprojekt von Stadt und Universität Tübingen seit dessen Beginn am 1. Januar 2020.

Das Gräberfeld X

Das Gräberfeld X des Tübinger Stadtfriedhofs diente dem Anatomischen Institut von 1849 bis 1963 als Begräbnisstätte. Seit 1952 gestaltete es die Stadt Tübingen in verschiedenen Phasen zu einem Gedenkort um, an dem die Toten ewiges Ruherecht haben. Denn im Gräberfeld X liegen mehrere hundert Opfer der NS-Gewaltherrschaft begraben. Sie stammen nicht nur aus Deutschland, sondern aus weiten Teilen Mittel- und Osteuropas: Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter*innen, Opfer der NS-Justiz. 1990 stiftete auch die Universität einen Gedenkstein, nachdem die Präparate von möglichen NS-Opfern, die bis dahin noch in der Anatomie und anderen medizinischen Sammlungen vorhanden waren, ebenfalls dort bestattet worden waren.

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Das Gräberfeld X als physischer und symbolischer Ort

Das bedeutet: Das Gräberfeld X ist sowohl ein physischer als auch ein symbolischer Ort. Symbolisch steht das Gräberfeld X als Denkmal für die NS-Opfer und als Mahnmal für die NS-Gewaltherrschaft. Als physischer Ort erinnert es auch an jene Menschen, die zwar keine Opfer des NS-Unrechtssystems geworden sind, aber Betroffene einer Jahrhunderte alten Praxis der anatomischen Leichenbeschaffung waren, die die Würde und das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen nicht achtete. Es waren mittellos Verstorbene, durch Suizid aus dem Leben Geschiedene, Hingerichtete sowie zu Tode gekommene Insassen von Heil- und Pflegeanstalten, sogenannten „Arbeitshäusern“, Gefängnissen. Keine und keiner von ihnen kam freiwillig in die Tübinger Anatomie, niemand wurde gefragt, ob er damit einverstanden war, dass sein Körper seziert oder zur Herstellung von Präparaten genutzt wurde.

Ziele

Wir wollen diesen Menschen ihre Lebensgeschichte und ihren Namen zurückgeben – soweit die Quellen dies zulassen. Auf dieser Homepage werden wir laufend über unsere Arbeit informieren, um die Erinnerung an die Toten auch auf diesem Weg im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Wir hoffen so auch Nachfahren der Verstorbenen zu erreichen und freuen uns über jeden Hinweis und jede Auskunft zu den Toten.

Träger

Träger des Projekts sind die Universität Tübingen und die Universitätsstadt Tübingen.

Aktuelles

19.04.2024
Seit einem Jahr ist unsere Ausstellung »Entgrenzte Anatomie. Eine Tübinger Wissenschaft und der Nationalsozialismus« in den Räumen der Alten Anatomie zu sehen, und noch immer [...]
26.03.2024
Lange hat es gedauert - nun ist er endlich bei HSozKult online! Lesen Sie hier den Bericht zu unserer Tagung »Vernetztes Gedenken. Erinnerungsarbeit zwischen ›Peripherie‹ [...]
20.02.2024
Anatomie, das ist schon lange nicht mehr ausschließlich die Beschäftigung mit Knochen, Organen, Muskeln und Nerven. Die anatomische Forschung nimmt in Tübingen seit 1803 körperliche [...]