Exkursion nach Rottenburg am Neckar, 12.11.2021
Häftlinge aus der Strafanstalt Rottenburg und Zwangsarbeit im Steinbruch
In Rottenburg wurden im Juli 1944 Häftlinge aus der dortigen Strafanstalt zur Arbeit im Steinbruch gezwungen. Die Bedingungen waren katastrophal und viele der Gefangenen starben infolge von Misshandlungen, Unterernährung und ausbeuterischer Arbeit.
Die Leichen von 23 Männern (Stand 18.11.2021) aus der Sowjetunion kamen in die Tübinger Anatomie und anschließend auf das Gräberfeld X.
Dr. Wigbert Schuberth arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg über 30 Jahre als Anstaltsarzt im Rottenburger Gefängnis. Er beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte der Strafanstalt, insbesondere während des NS. In seinem Buch »Der Schlüssel zum Schloss«, das 2017 erschien, veröffentlichte er seine Forschungsergebnisse. Zusammen mit dem Stadtarchivar Peter Ehrmann zeigte er dem Team vom Forschungsprojekt den Steinbruch in Rottenburg und informierte uns über die Geschichte und die Arbeitsabläufe.
Als sich die Bombenangriffe der Alliierten auf die Industriegebiete in Deutschland gegen Kriegsende häuften, kam es überall zu einer Verlagerung der Industriegebiete aufs Land und unter Tage. Auch Daimler-Benz plante mehrere Verlegungen, darunter eine unterirdische Produktion im Steinbruch von Rottenburg am Neckar. Dafür mussten die Insassen der dortigen Strafanstalt große Hallen in die Felsen sprengen. Die Eingänge zu den ca. 70 Meter tiefen Stollen sind heute nicht mehr zu sehen und wurden vermutlich verschüttet.
Im Anschluss an die Besichtigung des Steinbruchs, führte uns Herr Dr. Schuberth noch über die beiden Friedhöfe in Rottenburg. Auf dem Sülchenfriedhof und auch auf dem Klausenfriedhof wurden während des NS verstorbene Gefängnisinsassen verschiedener Nationalitäten beerdigt. Wann die Grabanlagen errichtet wurden, wer sie initiierte und nach welchem Muster entschieden wurde, wer auf welchen Friedhof kam, ist aktuell noch unklar.