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Gedenkarbeit

Gedenkarbeit und Forschung

Forschung und Gedenkarbeit lassen sich im Fall des Gräberfeldes X vielleicht analytisch trennen, praktisch sind sie aber aufs Engste miteinander verwoben. Wir kommen also gar nicht umhin, uns mit den gedenkpolitischen Folgen unserer Forschung auseinanderzusetzen. Zugleich wirkt die Tatsache, dass das Gräberfeld X eine Gedenkstätte für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft ist, auf unsere historiographische Arbeit zurück.

Opferbegriff

Dieses Spannungsverhältnis tritt vor allem im Opferbegriff zutage. Wie weit reicht der Begriff des NS-Opfers? Wie gehen wir mit den Menschen um, die im Gräberfeld X bestattet wurden, ohne unter diese Opferkategorie zu fallen? Welche Bedeutung hat es für unsere Arbeit, dass der Begriff beständig neue Definitionen erfahren hat und neue Gruppen erfasst? Welche Rolle spielt für diese Personengruppe die Zäsuren 1933 und 1945? Hier zeichnet sich ein wichtiges Forschungsfeld ab, das begriffliche Klärung und konzeptionelle Überlegungen erfordert. Da diese Fragen nicht nur für das Gräberfeld X relevant sind, möchten wir sie mit Expertinnen und Experten eingehend diskutieren und unsere Überlegungen dann hier vorstellen.

Perspektiven künftiger Gedenkarbeit

Es soll hier aber auch ganz konkret um die Frage gehen, wie eine künftige Gedenkpraxis am Gräberfeld X aussehen könnte. Ohne Wissen um das Vergangene ist dies nicht möglich. Wir zeigen daher auf, wie der Nationalsozialismus Tübingen umgestaltete, und wie Tübinger Bürger und Institutionen die NS-Gewaltherrschaft mitgestalteten. Wir setzen uns auch mit dem schwierigen Umgang mit diesem Erbe auseinander, dem sich die Tübingerinnen und Tübinger seit 1945 auf sehr unterschiedliche Weise gestellt haben. Mit Blick auf die künftige Gedenkarbeit am Gräberfeld X diskutieren wir, welche Bedeutung den Namen der im Gräberfeld X Bestatteten zukommen kann. Was ist darüber hinaus erforderlich, um dem Gräberfeld X einen angemessenen Platz in der Tübinger Gedenkkultur zu verschaffen?