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Exkursion nach Stetten am kalten Markt, 11.11.2021

Sowjetische Kriegsgefangene auf dem Heuberg

Aus dem Kriegsgefangenenlager auf dem Heuberg in Stetten am kalten Markt kamen im Jahr 1941 insgesamt 34 (Stand 18.11.2021) tote sowjetische Kriegsgefangene in die Tübinger Anatomie und anschließend auf das Gräberfeld X.

Heinrich Stopper auf Gemeindefriedhof Stetten a.k.M. | Foto: Schönhagen

Heinrich Stopper, der seit vielen Jahren zum Truppenübungsplatz und dem ehemaligen KZ und Kriegsgefangenenlager auf dem Heuberg forscht, zeigte uns den städtischen Friedhof in Stetten am kalten Markt und die dortige »Ehrengrabanlage« aus dem Jahr 1952 für verstorbene Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach seinen Recherchen liegen dort sowohl Soldaten der Waffen-SS als auch sog. »Wehrunwürdige«, die als politisch Verfolgte zunächst ins KZ und dann zwangsweise in der »Bewährungseinheit 999« Kriegsdienst leisten mussten, also eine undifferenzierte Mischung aus Tätern und Opfern.

 

Wir fuhren weiter auf das Gelände des Truppenübungsplatzes, das noch heute von der Bundeswehr genutzt wird. Dort waren wir mit dem Kreisarchivar Dr. Edwin Weber verabredet. Er zeigte uns eine etwas versteckte Gedenkstätte, die an das KZ Heuberg und seine (überwiegend politischen) Opfer erinnern soll. Sie wurde von der baden-württembergischen SPD im Jahr 1983 eingeweiht.
Die Anlage besteht aus einem Gedenkstein mit der sehr offen formulierten Inschrift: »Denn gedacht soll Ihrer werden, zur Erinnerung an alle die während de Herrschaft des Nationalsozialismus im Lager Heuberg gequält und geschunden wurden. Die Sozialdemokraten Baden-Württemberg.«  einem Sockel mit Stacheldraht sowie steinernen Armen. Sie befindet sich auf dem Areal der »Dreitrittenkapelle«; einen Weg, eine Beschilderung oder andere Hinweise auf die KZ-Gedenkstätte gibt es nicht.

KZ-Gedenkstätte auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes | Foto: Mayer

Auf dem städtischen Friedhof wurden keine Verstorbenen der insgesamt 1200 auf dem Heuberg internierten sowjetischen Kriegsgefangenen begraben. Sie erhielten keine gekennzeichneten Grabstellen, sondern wurden vermutlich auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes vergraben. Möglicherweise auch auf dem sogenannten »Russenfriedhof«, auf dem gefallene russische Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg beerdigt sind.

Gruppenbild auf dem »Russenfriedhof« mit Herrn Stopper (links) und Herrn Dr. Weber (Dritter von links) | Foto: Schönhagen

Zuletzt lud uns Ehepaar Stopper zu einem leckeren Mittagessen ein, wo Herr Stopper weiter über seine Forschung berichtete und uns im Anschluss sämtliche Materialien seiner jahrzehntelangen Arbeit überließ. Für unser Forschungsprojekt und die Beschäftigung mit sowjetischen Kriegsgefangenen, die auf dem Gräberfeld X in Tübingen liegen, sind sie von großem Wert. Wir möchten Herrn Stopper für sein Engagement, seine akribische Arbeit und sein Vertrauen in unser Projekt danken!